Wie war's? Ein Interview mit Martin


GT: Kommen wir zur dritten Woche, der Truck Camper. Was ist das überhaupt?

Martin: Nun, ein Truck Camper ist ein Pick Up, also ein Transporter mit offener Ladefläche, auf dem eine Wohnkabine befestigt ist. Theoretisch kann man diese auch abstellen und mit dem Truck fahren, aber das ist bei Mietfahrzeugen nicht vorgesehen. Die Autos sind sehr robust, haben meist Allradantrieb und sind daher für den hohen Norden mit seinen Pisten meiner Meinung nach erste Wahl. Unser Truck war ein Ford F350 Super Duty mit 6,7 Litern Hubraum, V8-Dieselmotor und etwa 400PS. Leider hatte der Tank nur 100 Liter Fassungsvermögen.

GT: Was heißt nur 100 Liter? Was hattet ihr denn vor?

Martin: Na ja, auf dem asphaltierten, fast ebenen Klondike Highway nach Dawson haben wir bei konstant 90km/h etwa 20 Liter pro 100km gebraucht, das heißt eine Reichweite von unter 500km. Auf dem Dempster Highway, den wir ursprünglich befahren wollten, muss man von Dawson bis Eagle Plains ohne Tankstelle fahren, das sind etwas mehr als 400km. Und der Dempster ist eine Piste, das bedeutet man fährt mit 4x4 und auf losem Untergrund braucht der Wagen eh mehr, außerdem ist es bergig, das wird schon etwas knapp. Sollten wir das nocheinmal versuchen nehmen wir auf jeden Fall schon ab Whitehorse mindestens 20, besser 40 Liter in Kanistern mit.

GT: Oha, klingt mächtig, und wie fährt sich so ein - wie du es selbst genannt hast - Monster?

Martin: Lammfromm, allerdings bin ich nur einen Tag gefahren, Ratri hatte eine riesen Freude an dem Ding, vor allem beim Dreckeln auf dem Top of the World Highway.

GT: Und wie war das dann mit dem Camper, das war ja das erste Mal für euch in so einem Wohnmobil?

Martin: Tatsächlich ja und es war sehr gut, nach den zwei Wochen mit dem Zelt war das ein gigantischer Luxus. Abends die Heizung anstellen, gemütliches Bett und vor allem nachts zum Pieseln nicht raus müssen. Die kleine Kanbine hatte ja alles, Bad mit WC, Spüle, Kühlschrank, sogar ein Eisfach und einen Backofen, aber das haben wir nicht gebraucht. Bis auf die Frühstückseier und einmal Mittagessen haben wir weiter auf dem Lagerfeuer gekocht beziehungsweise gegrillt.

GT: Klingt als wäre das Wetter in der Woche weiterhin schön gewesen?

Martin: Gigantisch, eine richtig tolle Herbstwoche, bis auf Dawson, da hat es geregnet, deswegen sind wir dann ja auch wieder nach Süden gefahren.

GT: Und wie war dieses Dawson, das ist ja schon ein klangvoller Name?

Martin: Witterungsbedingt und aufgrund der Nachsaison sehr trist. Vieles hat Ende September schon geschlossen, ein Ausverkauf. Dawson ist sicher die Hauptstadt des Abenteuerspielplatzes Yukon, heute ein Kunstprodukt und anscheinend im Sommer knallvoll mit Touristen. Aber Charme hat es trotzdem, auch wenn beim Absacker im Downtown Hotel die Touristen drei Tische weiter ihr Zertifikat bekommen, weil sie es geschafft haben, diesen merkwürdigen Cocktail mit dem angeblichen, abgefroreren Trapperzeh drin zu trinken.

GT: Abgefrorener Zeh?

Martin: Nicht der Rede wert, Goldrauschzauber, überlassen wir das den Bustouristen und Auslandskorrespondenten für eine skurrile Geschichte.

GT: Ihr seid dann nach Alaska gefahren, geplant war das aber nicht?

Martin: Das ergab sich so und war auch sehr schön. Der Grenzübertritt war völlig problemlos und ging schnell, die Strecke über den Top of the World und Taylor Highway war klasse. Und Chicken ist ein lustiges Dorf, die haben sich auch neu erfunden. Du sitzt am Arsch der Welt und denkst "was machen wir daraus?", druckst T-Shirts mit lustigen Sprüchen und Hühnern, erfindest das Chickenstock Musikfestival und schon hast du ein Auskommen. Jeder andere wäre abgehauen, das ist american spirit!

GT: Und was waren die schönsten Erlebnisse dieses Reiseabschnitts?

Martin: Wie gesagt war Chicken irgendwie cool. Beaver Creek hatte auch so einen Charm, ist aber nicht so aufgetakelt. Der schönste Platz zur Übernachtung war sicher am Congdon Creek, direkt am Kluane Lake mit Blick auf die Ruby Range. Insgesamt haben uns die staatlichen Zeltplätze gut gefallen, sehr gepflegt, ruhig, zumindest Ende September, und günstig.

GT:
Klingt insgesamt nach einer rundum gelungenen Reise?

Martin: Das kann man wohl sagen, eine ganz tolle Tour mit so unterschiedlichen Teilen. Wir können uns auch sehr gut vorstellen, dass wir nicht das letzte Mal in Kanadas Norden waren. Und wir können uns ebenfalls sehr gut vorstellen, dass wir wieder mit "den Gefährten" losziehen.

GT: Abschließende Frage, wie stehst Du zu diesem neuen Format auf GlobeTrottel.net, ein Interview?

Martin: Ich war zunächst etwas skeptisch als ich die Idee hatte, mich mit mir selbst in ein Zwiegespräch zu vertiefen. Schlussendlich hat es aber Spaß gemacht. Ich setze eben meinen Hut auf und spiele meine Rolle. (lacht)


Das Interview führte unser Freund Harvey für GlobeTrottel.net


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