28.12. 2015
Im Urlaub um 5:30Uhr aufzustehen ist früh aber es lohnt sich, die
Straßen sind leer, die Stadt ist ruhig und friedlich. Am Ghat, an dem gestern
das Arti stattfand, bestiegen wir unser kleines Boot und wurden den
Ganges hinunter gerudert. An den Ghats war bereits einiger Betrieb,
Morgengebet, Yoga-Klassen, Textilwäscher und schließlich die großen
Feuer zur Kremation von bis zu 2500 Toten pro Tag. Die Stimmung im
Licht der aufgehenden Sonne war wunderbar, die prächtigen Gebäude,
teils Paläste von Königen, das Treiben der Menschen, Glocken läuteten
und die Yoga-Schüler praktizierten den Sonnengruß.
An den "burning
ghats" (Verbrennungsplätzen) verließen wir unser Boot und unternahmen
einen kleinen Spaziergang durch die verwundenen und undurchschaubaren
Gassen der Altstadt, aus denen angeblich niemand ohne Führer oder zu
fragen wieder herausfindet. Den goldenen Shiva Tempel durfte ich, wie
die meisten der wichtigen Tempel in Varanasi, nicht betreten, so dass
wir nur einen flüchtigen Blick auf ihn werfen konnten, und auch das nur
nach Passieren massiver Sicherheitsvorkehrungen und ohne jegliches
Gepäck wie Kugelschreiber. Insgesamt gibt es in Varanasi laut Aluk ca. 3,5mio Einwohner
("small city") aber 1,2mio Tempel, es ist also nicht so schlimm wenn
man den einen oder anderen nicht betreten darf. In der Altstadt hat
nahezu jedes Haus seinen eigenen Shiva Tempel.
Anschließend fuhren wir an der Banaras Hindu Universität vorbei,
ich
glaube hier hat auch Robert M. Pirsig (siehe Blog 2014) in den 50er
Jahren studiert. Das Gelände ist riesig und gut gepflegt, die Gebäude
sehen mit ihrem rot-gelben Anstrich hübsch aus und es gibt große
Sportstätten und Parks. Ziel war der Shree Vishwanath Tempel, eine
Replik eines von Moslems zerstörten Vishnu Tempels, der uns mit seiner
Einfachheit, hellen Farben und viel Licht sehr gut gefiel. Um 9Uhr
waren wir wieder im Hotel und genossen ein ausgezeichnetes, mit vielen
indischen Spezialitäten und frischen Früchten gesegnetes Frühstück.
Bereits nach 1,5h setzen wir unsere Stadtbesichtigung fort und fuhren
in das etwa 15km außerhalb gelegene Sarnath, dem Ort, den Buddha nach
seiner Erleuchtung in Bodh Gaya als erstes besuchte und an dem die
ersten Lehren erteilt wurden. Wir besichtigten einen sehr schönen
Buddha-Tempel, die Ausgrabungen der im 12. Jahrhundert zerstörten
Tempel- und Klosteranlage sowie das Museum mit den Fundstücken der
Ausgrabungen, allen voran die berühmte und wunderschöne Ashoka-Säule
mit den vier Löwen auf der Spitze. Auf dem Rückweg in die Stadt hielten
wir auf unseren ausdrücklichen Wunsch hin an einer Seidenweberei bzw.
einer Demonstration der Technik, denn die Produktion findet außerhalb
in den Dörfern statt. Wie sich herausstellte ist einer der Besitzer in
Kolkata geboren und so entwickelte sich schnell ein sehr netter Besuch,
der für beide Seiten erfolgreich im Verkaufsraum endete. Viele Stücke
werden wie in Mysore letztes Jahr mit Hilfe von "Computern" gewebt,
gemeint sind hiermit archaisch anmutende Webstühle, an denen das Muster
durch Lochkarten vorgegeben wird, rein mechanisch. Die hohe Kunst, die
die schönsten Stücke erzeugt, ist allerdings eine Knotentechnik, die
frei Hand aus dem Gedächtnis praktiziert wird. Diese Technik zu
erlernen dauert Jahrzehnte und wird nur noch von wenigen beherrscht,
Nachwuchs ist ebenfalls nicht in Sicht. Zwei Personen weben in 6
Stunden ca. 2-3cm einer 1-1,5m breiten Stoffbahn. Selbst mir als
Skeptiker und Banausen gefielen die Stücke außerordentlich gut, eine
Krawatte habe ich trotzdem nicht gekauft.
Am frühen Nachmittag trafen wir wieder am Hotel ein und waren im
Anbetracht von Freizeit etwas perplex, außerdem werden wir morgen erst
um 10Uhr zum Flughafen gefahren um nach Khajuraho zu fliegen - Zeit
sich richtig zu entspannen! Übrigens haben wir festgestellt, dass wir
bei den ausstehenden Inlandsflügen nur 15kg Freigepäck mitnehmen
dürfen, es darf also aufgrund unserer schwergewichtigen Einkäufe
vorsichtig ausbalanciert werden.
Den späten Nachmittag verbrachten wir in der am Hotel gelegenen
shopping mall, staunten über das absolut westeuropäische Angebot,
kauften etwas ein und tranken Tee. Und quälten die Kassierer mit 500
Rupie Noten, auf die sie 300 herausgeben mussten, denn kleine Scheine
hat hier (angeblich) niemand. Wie heißt es so schön im Zen: "Nur wer
auch kleine Geldnoten hat wird die Schönheit der Welt erleben". Oder so
ähnlich.
Leider können wir den blog immer noch nicht hochladen denn das Ramada
Plaza JHV verkauft zwar Dom Perignon für 22000 Rupies pro Flasche,
bekommt im IT-Land Indien aber keinen funktionierenden Interzugang
hin...