Heute war Murmeltiertag, um nach "Lost in Translation"
auch "Und
täglich grüßt das Murmeltier" mit Bill Murray zu bemühen. Vermutlich
starten die Mitarbeiterinnen des Chenrg Yuan Hotels jeden Morgen um
genau 8Uhr zum Beginn des Frühstücks dieselbe CD. Um exakt 8:40Uhr ist
dann Greensleeves an der Reihe und ich gehe zur Kaffeemaschine, um den
dritten Milchkaffee zu holen. Zu genau diesem Zeitpunkt meldet die
Maschine, dass der Satzbehälter voll ist, und geleert werden muss, und
ich mache dieselbe Mitarbeiterin darauf aufmerksam. Ich denke, sie hat
die Situationskomik auch erkannt.
Der ergiebige Regen hatte
aufgehört und wir fuhren mit dem Auto um den halben Sonne-Mond-See zum
Shuishe Pier, bestiegen dort mit Eis-Tee versorgt das Taxi-Boot, und
ließen uns zum Syuanguang Pier fahren (oder Xuanguang, es gibt keine
einheitliche Schreibweise). Dort besorgte Vincent uns noch die besten
Tee-Eier der Region, die ausgezeichnet schmeckten, er hat einfach
überall seine speziellen Quellen, dann sahen wir uns den Xuanguang
Tempel an, der für Xuan Zang errichtet wurde, einem legendären
Wandermönch, der im 7. Jahrhundert Indien bereiste, und aus Bodhgaya
den Buddhismus nach China brachte. Als nächstes fuhr das Taxi-Boot nach
Yidashao, Murmeltiertag eben, und wir schritten nochmals
die uns
schon gut bekannten Sträßchen des Feriendorfs ab, in dem wir gerade
zwei Nächte verbracht haben. Dritte und letzte Etappe des Bootes war
dann die Rückfahrt zum Shuishe Pier und wir verabschiedeten
uns
vom Wasser nun endgültig von Yidashao.
Es
folgte die Rückfahrt aus den Bergen nach Taipeh, wir passierten riesige
Städte, endlose Industrieanlagen, sahen das viertgrößte Kohlekraftwerk
der Erde und staunten über die Freeway-Raststätte Qingshui, die
ungefähr die Dimension einer großstädtischen deutschen Shopping Mall
aufweist. In diesem Trubel standen am Eingang zwei Damen, eine davon
eine Klavierspielerin, die musizierte, und so für einen Verein Geld
sammelten. Viel konnte ich auf dem Plakat nicht lesen, nur "Autism" und
"Music is my life". Die Musik war, wenn auch einfach gespielt, gerade
in dieser Kulisse anrührend schön.
Soundscape: 4'33'' Music
is my life auf der Qingshui Service Area
Weiter ging es Richtung Taipeh und schließlich zum Dandy Hotel, zurück
auf Start, aber nach 12 Tagen über "Los".
Die
letzten etwa 80km war Stau, asiatische Mega-City eben, aber gegen
17:30Uhr bezogen wir wieder das zentral gelegene Hotel, wurden von den
euphorisch freundlichen Mitarbeiterinnen begrüßt und freuten uns über
ein Zimmer, das mehr als doppelt so groß ist, wie das vor zwei Wochen.
Um 18Uhr, es hatte wieder begonnen zu regnen, wählten wir ein Hot Pot
Restaurant ganz in der Nähe und genossen ein ausgezeichnetes
Brühen-Fondue mit viel Gemüse und qualitativ erstklassigem Rind- sowie
Scheinefleisch. Nach fast zwei Wochen Rundum-Versorgung waren wir
erstmalig wieder auf uns gestellt, überquerten etwas verunsichert die
Straße, ließen uns von der Speisekarte verwirren, waren mit den von uns
geforderten Entscheidungen überfordert, wurden aber schließlich satt
und waren zufrieden. Unsere Wiedereingliederung in die rauhe
Wirklichkeit hat also begonnen, morgen wird uns Vincent nochmals durch
Taipeh führen, dann heißt es von ihm Abschied nehmen.