Kolkata & Taiwan 2023 blog
14. November - Aus dem Nebel zu Sonne, Mond und Sternen
Der
Tag begann früh, kurz vor 6Uhr schaute ich aus dem Fenster und sah,
dass der Nebel abgesunken war, und sich unterhalb unseres Hotels ein
wunderbares Bild darbot. Ratri blinzelte mich ungläubig an, nach meinem
Kommentar "das ist schon einen Blick wert" gab es kein Zurück ins warme
Bett, wir schossen zwei Stunden Fotos von entstehenden und
verschwindenden Inseln im Nebelmeer und Wolken-Wasserfällen.

Noch
vor dem Frühstück unternahmen wir einen kleinen Spaziergang durch die
Teefelder und plauschten mit unseren netten Mitbewohnern aus Malaysia,
die wie wir eine Taiwan-Rundreise unternehmen. Zum Frühstück dann eine
kleine Enttäuschung, nicht das Frühstück selbst, das war wie immer
vielfältig und sehr gut, aber man sitzt mitten in einer Teeplantage und
die Ansage lautet "sorry, no tea, only black coffe". Nun ja, die
Vorstellung den edlen Alishan-Tee am Morgen zu trinken kommt den
Taiwanern vermutlich sehr abstrus vor, das ist ein komplett anderer
Kontext. Auf dem kleinen Buffet gab es dann aber ein grünliches
Getränk, das ich als grünen Tee mit viel Soja-Milch gedeutet habe. Wenn
ich richtig lag war sein etwas gräulicher Nachfolger dann schwarzer Tee
mit Soja-Milch, lecker war es auf jeden Fall. Beeindruckend auch unsere
Mitreisenden aus Malaysia, das Geschirr wurde ordentlich gestapelt und
gruppiert zum Abräumen bereitgestellt, sehr höfliche Menschen.
Anschließend
fuhren wir etwa eine Stunde zum Alishan Nationalpark, hier knickte die
perfekte Organisation in Taiwan allerdings erstmalig etwas ein, denn am
Parkeintritt werden definitiv mehr Tickets für Besucher im Auto
verkauft, als es Parkplätze gibt. Fast eine halbe Stunde dauerte es,
bis jemand den Parplatz verließ und Vincent so nah stand, den
freigewordenen Platz zu besetzen, dann starteten wir unsere Wanderung
durch den Park. Wanderung nach hiesigen Maßstäben, für uns eher ein gut
hergerichteter Stadtpark oder ein Moorlehrpfad, ich glaube um die 300m
Gehweg wurden uns heute zugemutet, naürlich mit einigen Pausen und dem
Besuch öffentlicher Toiletten, auf Wegen, die man weder verlassen darf
noch kann.

Insgesamt
werden wir sehr gut behütet und besorgt versorgt, dürfen nicht auf
einer beliebigen Seite aus dem Auto steigen, nicht ohne Warnhinweis
eine Straße überqueren und auch jeder Bordstein wird uns
vorsichtshalber angesagt. Heute kam noch eine Dimension dazu, ich meine
nicht die Wanderwege oder den Hinweis im Museum "do not destroy",
Vincent stellte unverblümt fest wir hätten gestern zu viel gefuttert
und heute gäbe es nicht so viel. Kann ja sein, dass er Recht hat,
vermutlich sogar, aber irgendwie sind wir doch nun alle über 50
geworden, die Häfte der Gruppe sogar über 60, und das hat
doch auch geklappt. Cultural differences...
Im Park sahen
wir wunderbare, teilweise über 1000 Jahre alte Bäume, die den
japanischen Holzfällern und ihren einheimischen Gehilfen entkommen
sind. Tatsächlich haben die Besatzer dann auch eine Pagode für die
Seelen der 77 ums Leben gekommenen Techniker und Holzfäller gebaut, die
aber auch das Seelenheil der über 100.000 gefällten Bäume retten soll.
Das Zypressenholz wurde übrigens in Japan als Baumaterial verwendet,
und abgebildet war ein Torii, also ein Tempeltor. Für uns ein weiteres
Deatil einer Geschichte, die mit einem Torii in Japan, vielleicht
aus Holz aus Alishan, begann, und sich über eine Gitarre aus Erlangen
und das japanisches Volkslied "Sakura" bis nach Ulm und Biberach
fortsetzte.
Eine Bahn auf den Gleisen des alten Holzfällerzuges
transportierte uns schließlich zurück zum überfüllten Parkplatz und wir
traten die Fahrt zum Sonne-Mond-See an. Unterwegs sahen wir am
Wegesrand etliche Taiwan-Makaken, im Tal dann zahlreiche
Weinanbaugebiete für Speisetrauben, und etwa eine Stunde vor dem Ziel
legten wir eine Pause an einem sehr ordentlich sortierten Kaufhaus für
Produkte der Umgebung ein. Natürlich mussten wir das Ma La Sun Bier
probieren, aus einer Kleinbrauerei von Aboriginals. Etwas säuerlich,
wie ein spontan vergorener "Orange Wein", mit leicht rauchigen Noten,
wie ein mildes Schlenkerla. Vielleicht aus diesen geräucherten Pflaumen
erzeugt, die wir anderweitig schon probiert haben. Oder eben einfach
ein "Schweinebier", denn Wildschweine stehen in Taiwan, insbesondere im
Kontext von Aboriginals, ganz weit oben auf der Speisekarte und der
Auswahl an Souvenirartikeln.
Wenig später erreichten wir
Yidashao am Sonne-Mond-See, es war schon dunkel, die Sterne funkelten,
und bezogen unsere außerordentlich großzügigen Zimmer mit Seeblick im
5. und 6. Stock des Chenrg Yuan Hotels. Dabei darf man sich nicht
verwirren lassen, das Hotel ist kein Hochhaus, nach hiesiger Zählweise
ist das Erdgeschoss der 1. Stock und den 4. gibt es nicht, da die Zahl
4 klingt wie das Wort für Tod. Das heißt nach deutscher Zählweise wäre
unser Zimmer im 4. Stock, nicht im 6.. Die Aussicht ist trotzdem
grandios und das Abendessen war war es wie immer auch!