Die Nacht war, für eine Großstadt wie Tainan, sehr ruhig. Als die Stadt
erwachte bot sich uns diese akustische Kulisse dar:
Soundscape: 4'33'' Tainan am Morgen im 9. Stock des Fuward Hotels
Während man den Geräuschen lauscht kann man sich mit der
Bedienungsanleitung des WCs auseinandersetzen und bei Problemen die
Rezeption anrufen, oder, bei großen Problemen, den Notruf betätigen.
Unterbrochen
wurde die Tainan-Soundscape von Düsenjägern, ein uns vertrautes
Geräusch aus den 80ern, und hier fragt man sich kurz, ob es denn wohl
die hiesigen F16 oder Grüße vom Festland sind.
Unser erster
Programmpunkt war das Tait & Co. Merchant House, eine ehemalige
Handelsniederlassung aus der Kolonialzeit, mit einer gut aufgemachten
Ausstellung. Höhepunkt ist aber das "Tree House", ein Handelshaus, das
von einem Banyan Baum erobert und überwuchert wurde. Sehr interessant
war auch eine Erklärung der chinesischen Schrift und Kalligraphie. Wir
versuchten unbeholfen einige Zeichen zu schreiben, scheiterten aber
mehr oder weniger grandios und erwarben für weitere Übungen einen
Pinsel sowie eine Papiertafel.
Unweit des Handelshauses liegt
Fort Zeelandia, die Festung der Niederländischen-Ostindien-Kompanie
VOC, das an der See gelegene Pendant zu Provinzia. Viel ist vom
ursprünglichen Gebäude nicht übrig und den hübschen Turm haben 1945,
kurz vor ihrem Rauswurf, die Japaner beigesteuert, aber der Ort ist
ebenso historisch wie sehenswert. Rechts übrigens wieder eine Statue
von Koxinga, der den Niederländern den Laufpass gab, und daher neben
Chiang Kai-shek einer der beiden Volkshelden eines Teils der
Bevölkerung Taiwans ist.
Nach
so viel Kultur mussten wir uns erstmal stärken, Austernomelette, Shrimp
Roll und Coffin Bread, ein "signature dish" aus Taiwan, etwas ähnlich
dem Ragout Fin in Königinpasteten. Dazu eine Art Mocktail aus
Passionsfrucht und Sprite, sehr lecker.
Anschließend fuhren wir
wieder in die Berge, bis auf etwa 2000m, in das Gebiet Alishan. Nun ist
ja der Oolong Tee eine der Ursachen für unseren Taiwan-Besuch, den Tee
haben wir Frau Jui Yu Wang Westenhuber, Inhaberin des Evergreen
Teashops,
zu verdanken - ganz liebe Grüße nach Samerberg! Und nun war es dann
soweit, nachdem wir in Lishan schon Tee gekauft hatten heute der Besuch
einer Teeplantange in Alishan. Und wie in den Beschreibungen der Tees
von Frau Wang Westenhuber waberte am Nachmittag der Nebel in die
Teefelder, eine geradezu magische Stimmung und ausgezeichnete
Bedingungen für den Tee.
Die
Teezeremonie, ohne spirituelle Komponente, nennen wir es
vielleicht besser traditionell durchgeführte Tee-Probe, war dann sehr
schön und lecker, und alle drei verkosteten Sorten landeten im
Souvenirkoffer.
Anschließend fuhren wir in unser hoch in den Bergen gelegenes Hotel,
bezogen unsere Zimmer mit riesigen Panoramascheiben, hinter denen
allerdings nur Nebel zu sehen war, genossen aufgrund der
frischen
Temperaturen die beheizte WC-Brille (siehe oben) und fuhren dann in den
nächsten Ort zum Abendessen. Die Speisen waren wieder herrvorragend,
besonders gut gefallen haben uns explodiertes Huhn mit Ingwer,
Schweineinnereien, kleine, kross gebratene Shrimps, die im Ganzen
verzehrt werden, delikater Tofu, Bambussprossen, das uns unbekannte
Gemüse von gestern mit viel Knoblauch, Schweinehaut mit Zwiebeln,
Schafslamm sowie Suppe mit Huhn und Kraut. Vincent fuhr uns dann durch
dichten Nebel, man konnte die Hand vor Augen nicht sehen, zum
Hotel, und musste dann wieder zurück in den Ort, in dem er
untergebracht ist. Wir haben ihn um diese Aufgabe nicht beneidet.
Nach
einem gute-Nacht-Bier in Aggis Zimmer begaben wir uns in unser kleines
Reich und staunten nicht schlecht, als ein kleiner Frosch auf der
Fensterbank entlang hüpfte, immerhin im dritten Stock. Die für alles zu
gebrauchende IKEA-Tasse dienete als Tierrettungs-Vehikel und nun liegen
wir im Bett und lauschen dem dankenden Trällern und Quaken aus den
Büschen vor dem Haus...