Kolkata & Taiwan 2023 blog

7. November - "...denn gefähliche Stlaße wie flische Pilze. Denn flische Pilze..."

Dieses klassische Zitat aus "Eine Leiche zum Dessert" fasst den legendären Highway 8 schön zusammen, auch wenn Inspektor Wang den Satz nie beenden konnte und der Zuseher daher nie erfahren hat, was mit frischen Pilzen los ist. Aber zunächst sahen wir uns einer ganz anderen Herausforderung gegenüber, die heiße Schlacht am Frühstücksbuffet. Punkt 7Uhr standen wir an der Tür zum Speisesaal, die Tür öffnete sich, wir waren sehr mit uns zufrieden, denn wir waren die ersten und einzigen. An dieser Tür, auf der gegenüberliegenden Seite wartete eine Busladung Touristen und stürmte wie beim Schlussverkauf direkt das Buffet. Fassungslos sahen wir zu, besetzten erstmal einen Tisch und begaben uns dann zu den Kaffeemaschinen, die von der Gruppe zunächst unbeachtet blieben, da tun sich echte "cultural differences" auf.

Frühstücksschlacht

Anschließend versuchten wir an Nahrung zu gelangen, was uns tatsächlich mit Schwierigkeiten konfrontierte. Eine Menschenkette umzingelte das Buffet, es wurden keine Lücken gelassen und es gab keinen ersichtlichen Anfang oder Einstiegspunkt (sozusagen eine Möbiusmenschkette). Einmal reingedrängelt gab es Körperkontakt, man hatte Ess-Stäbchen im Rücken, der Ellenbogen wurde ausgefahren. Schlagartig brach mein Weltbild zusammen, das sind doch nicht dieselben ruhigen, disziplinierten und höflichen Taiwanerinnen und Taiwaner, wie in den letzten fünf Tagen? Waren sie auch nicht, auf ihre Herkunft angesprochen lautete die Antwort "United States", alo kampferprobte Exil-Chinesen im Urlaub.

Kommen wir zu Highway 8, der von 700.000 Soldaten Chiang Kai-sheks aus dem Fels gehackt wurde, um eine Versorgungs- und Fluchtroute von West nach Ost im Falle eine Angriffs Maos zu haben. Auch heute noch handelt es sich um eine spektakuläre Bergstraße nicht unbedingt üppiger Breite, die die Probleme der Ingenieure Taiwans verdeutlicht. Ist ein Abschnitt fertiggestellt und freigegeben rutscht der Hang an anderer Stelle, ständige Erdbeben und Taifune verändert das Gesicht der Insel, insbesondere im hohen Gebirge, das zur Ostküste steil abfällt, permanent.

Highway 8

Nächster Stopp nach der aktuell größten Baustelle mit Zeitfenstern für das Passieren war dann der Bilv Divine Tree auf 2150m Höhe, 3000 Jahre alt, leider kann auch dieser Baum, wie schon die Olivenbäume auf Kreta, seine Geschichte nicht erzählen. Anschließend erreichten wir unser Ziel, den Taroko National Park, und legten eine Pause ein, in der wir süßliche Grillwürstchen aus Wildschweinfleisch sowie den nicht ohne Grund bei uns sehr skeptisch betrachteten Stinketofu probierten. Nach dem Spaziergang zum Xiangde Tempel mit seiner hübsche Pagode gesellten sich auch die Makaken zu den Touristen und rissen kreischenden Damen das Mittagessen aus der Hand, unter dem Strich sind die Affen eher ein Ärgernis und mit Vorsicht zu genießen als eine Bereicherung.

Auf der weiteren Fahrt auf Highway 8 bekamen wir von Vincent Nachhilfe im Tunnelbau, schließlich war schon sein Vater Ingenieur und hat an Staudämmen mitgearbeitet. Er selbst kennt das Geschäft seit seiner Kindheit, ist ebenfalls Ingenieur geworden und war 4,5 Jahre bei zwei Tunnelbauprojekten beschäftigt. Irgendwann haben seine Frau und er dann beschlossen, etwas zu machen, das ihnen mehr Spaß macht, und das war eben Gäste durch ihr Land zu führen. Nächster Programmpunkt war dann zum Thema passend der Tunnel of Nine Turns, den man einige Hundert Meter durchwandern kann, bevor die Sektion dann erdrutschbedingt wieder gesperrt ist. 9 ist hier das, was im Arabischen 42 ist, also viel. Alibaba hatte nicht 42 Räuber sondern viele und der Tunnel hat eben keine 9 Kurven sondern viele. Und dann schrieb Jimi Hendrix "If 6 Was 9", was machen wir jetzt damit?

Weiter ging es im "schedule", die Buluowan Hängebrücke, eine recht neue, nicht schwingende, aber trotzdem atemberaubende Konstruktion, 196m lang und 152m über dem Grund. Derzeit endet die Brücke am gegenüberliegenden Hang, der Pfad dahinter ist, ihr ahnt es, wegen der Erdrutsche gesperrt. Das bedeutet Tausende Touristen laufen die Brücke täglich hin und her, einen Zweck im Sinne einer Verbindung stellt sie derzeit nicht dar. Insgesamt darf man sich die "trails" hier nicht als naturnahes Abenteuer vorstellen, Taiwan lebt ein unfassbares Sicherheitsbedürfnis, alles hat Öffnungszeiten, es gibt Regeln, Schilder, Regeln für Schilder und Schilder für Regeln. Selbst auf der Brücke soll man sich vor Insekten und Schlangen in Acht nehmen und permanent weisen Schilder darauf hin, nicht über die Absperrung zu klettern, um sich die 152m Abgrund im Freifal genauer anzusehen.

Vorerst letzter Programmpunkt war das an der Brücke gelegene Museum für die hier indigenen Stämme, wie in Australien aboriginals genannt, wo es zu der Kultur der Kopfjagt, der Gesichtstätowierungen und vielem anderen Informationen gab, die wir kaum noch aufnehmen konnten. Schlussendlich bezogen wir das Taroko Village Hotel mit seinen kleinen Bungalows, eine wunderschöne Anlage, gebaut von der Regierung, entwickelt und geführt von einem Han Chinesen, der sich selbst zum Chief erklärt hat, und ausschließlich Menschen des lokalen Stammes namens Truku beschäftigt. Hier hatten wir nun eine kurze Pause, bevor um 18Uhr zum sehr leckeren Buffet gerufen wurde, das nahtlos in eine heitere, engagierte und nicht zu professionelle Show der hiesigen Kultur überging.

Hört mit uns den "Hunting Song", nicht 4'33' aber wunderbar auf zwei Xylophonen gespielt. Und beachtet bitte auch die herrlich selbstironische Beschreibung auf dem Monitor, wenn das Taiwanischer Humor ist, mag ich ihn sehr.

Soundscape: Hunting Song




Hunting Song

Anschließend gab es nur noch eins, nämlich nach 15 Stunden voller Eindrücke ab ins Bett, und deshalb wurde der blog auch erstmals nicht pünklich geliefert.


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