Nepal 2019 blog
13. Oktober
Ein Tiger Camp mit mehr als 100 unsichtbaren Tigern
Mein erster Eintrag des Tages in das analoge Tagebuch, noch vor dem Zähne putzen verfasst, damit ich ihn nicht vergesse, lautet:
"Die schwere Süße der Müdigkeit, ein Moment der Wärme, der Klarheit und des Friedens."
Genau
das war mir in der letzten Nacht nicht vergönnt, zum einen bin ich wie
immer im Urlaub tierisch erkältet und gehe damit der schniefenden und
hustenden Reisegruppe mit leuchtendem Vorbild und leuchtender Nase
voran. Zum anderen wurde auch in dieser Nacht rund um das Hotel
tierisch gefeiert, und das schiebe ich mal auf Touristen, die nach
ihrer Rückkehr vom dritten Pol die Bezwingung irgendeines Treks
begießen mussten. Müde aber um einen Schnipsel Poesie reicher schleppte
ich mich zum Frühstück, um 8Uhr hieß es dann vorerst Abschied nehmen
von Kathmandu.
Fünf Stunden waren für die etwas mehr als 150km
zum Chitwan Nationalpark eingeplant, da es sich auf der bergigen
Strecke, die trotz der Tatsache, dass es sich um einen
der wichtigsten Highways des Landes handelt, nur knapp zweispurig
zu nennen ist, aber immer wieder massiv staute, wurden es 7 Stunden. Da
einige Nepalesen ähnlich geduldig und weitsichtig fahren wie so mancher im südlichen Nachbarland und
sobald es möglich ist die Gegenfahrbahn benutzen bis sie hupend
und angehupt werdend vor der entgegenkommenden Fahrzeugschlange stehen
und von den aufgebracht brav stauenden auch nicht mehr auf die ihnen
zugedachte Seite gelassen werden ist das Problem hausgemacht und in
Teilen vermeidbar.
Gegen
15Uhr kamen wir im Tiger Camp in Sauraha an und
waren mittelmäßig entsetzt. Das es sich in diesem Urlaub bis auf den
Abschluss nicht um abgedrehte Luxusherbergen wie bei den Rajesh-Touren
handelt war uns klar, aber das? Tatsächlich wurden wir hier erwartet
und es stellte sich heraus, dass Karka, unser Fahrer seit Tag 2, der
bis jetzt nur "the nameless driver" hieß, den Hintereingang benutzt
hatte. Stichwort Fahrer, wie sehr wurde mir doch heute wieder einmal
bewusst wie wenig strategisch die Höhe des Trinkgeldes bemessen ist.
Erzählt Dir ein Tourguide irgendeinen Mist über Shiva, den großen König
Dingsbums oder das Bruttoinlandsprodukt wird das wenig Schaden
hinterlassen. Macht der im Vergleich zum Tourguide mit nur 50% der
Summe belohnte Fahrer einen nur halb so großen Fehler...tat er
aber nicht, er fuhr defensiv, hupfrei und sicher.
Schnell
standen die Tassen mit Masala Chai auf dem Tisch und unsere Gastgeber
Nick und Arjun redeten auf uns ein, das Tiger Camp ist eher familiär
geführt und wir fühlten uns sogleich wohl. Am Ufer des Rapti Nadi lag
ein dicker Gavial, es gibt ein dicht gedrängtes Programm mit
Aktivitäten und die Zimmer sind sehr einfach aber gemütlich und sauber,
verfügen sogar über WLAN, hinter dem zumindest heute aber kein
Internetzugang verborgen war. Im Park gibt es unter anderem
Panzernashörner und auch über 100 Tiger, von denen einen zu sehen aber
nur den Glücklichsten vorbehalten ist. Wie schon häufig werden sie uns sehen,
wir aber nicht sie. Es ist sozuagen ein Tiger Camp mit unsichtbaren
Tigern.
Nach
etwas Ausruhen gingen wir zum Sauraha Cultural House und
wurden mit traditionellen Tänzen bedacht, mal charmant hausbacken, dann
kraftvoll und dank lauter Madals rhythmisch ansprechend und schließlich
der kuriose Pfauentanz, der uns allen am besten gefiel. An dieser
Stelle sei betont, dass mein blog genderneutral und damit nicht
pfauenfeindlich ist!
Anschließend
gab es ein schnelles Nepali Talli im Tiger Camp, dann kehrte Nachtruhe
ein, die wir unter dem Schutz eines großen Geckos in unserem Zimmer
hoffentlich genießen können.