Marokko 2006 (von Ratri)

So, jetzt sind wir wieder heile zu Hause angekommen und mich hat es gleich mit Halsschmerzen erwischt, so dass ich wenigstens heute zu Hause verbringen werde... tja, kann man nicht ändern. Dafür bekommt ihr jetzt einen kurzen Urlaubsbericht:

Also Marokko in Kürze, denn jeder der mehr wissen oder gar unsere Bilder anschauen möchte kann das gerne persönlich erledigen!

Geflogen sind wir am 1.11. von Frankfurt nach Marrakech. Unsere Ausrüstung (Motorräder, Schlafsäcke, persönlicher Kram) hatten wir am Wochenende zuvor in Breisach in den LKW gepackt, den wir in Marrakech auf dem Campingplatz wieder treffen wollten. Insgesamt sollten wir 12 Leute sein:
Klaus, der die Reise organisiert hat und den LKW fuhr + 3 Mitfahrer (Isa, die wir schon von der Algerienreise kannten, Mike und Uwe, die bei Klaus letzter Tour schon mit dabei waren). Hans, der mit einem Mercedes G unterwegs war und der mich 3 Tage an denen ich nicht fahren wollte oder konnte netterweise mitgenommen hat. Tom, der den Eigensinn der Schweizer sehr liebenswert verkörperte und mit einem roten Quad an der Reise teilnahm. Und die Motorradfahrer Bertl, den wir schon von der Algerientour kannten, Torsten und Thomas, die zuvor an noch keiner von Klaus Touren teilgenommen hatten, Martin und ich. Jetzt habe ich nur Curt noch nicht erwähnt, den wir gar nicht richtig kennen lernen konnten. Er wollte ursprünglich auch mit seinem Geländewagen mitfahren, verabschiedete sich aber gleich nach dem ersten gemeinsamen Abend von uns ohne konkrete Angabe von Gründen. Ich könnte mir vorstellen, dass ihm unsere Art des Humors nicht so recht gefallen hat... da darf man echt nicht zimperlich sein...

Die Route (den genauen Verlauf findet ihr irgendwann demnächst auf unserer Homepage) verlief von Marrakech aus Richtung Ouarzazate, über Zagora bis zum Pisteneinstieg in M'Hamid, dann am See Iriqui entlang (der sogar Wasser führte, was vor 10 Jahren das letzte mal vorkam) nach Foums-Zguid. Von dort aus versuchten wir ins Draa Tal zu fahren, was uns aber nicht gelang, weil die Pisten alle gesperrt waren. Das Draa Tal ist die Grenze zu Algerien, deren Verlauf nicht ganz geklärt ist. Vorsichtshalber hat man die Gegend vermint und als militärisches Sperrgebiet erklärt. Das führte dazu, dass wir einen Zickzack-Kurs zwischen Draa Tal und Teerstrasse, die nördlich von uns verlief fuhren. Unfreiwillig sind wir so durch Tata und Akka gekommen, dies hatte den netten Nebeneffekt, dass wir öfter als gedacht zu einem leckeren The à la Menthe kamen. Irgendwann ist das Draa Tal nicht mehr die Grenze zu Algerien, so dass uns endlich erlaubt war die Pisten im Tal zu fahren. Dies genossen wir auch sehr, denn das ausgetrocknete Flußbett und viele Zuläufe waren topfeben und knochenhart, so dass sie sehr gut zu fahren waren.

Leider übersah Thomas, einer der Motorradfahrer ein paar Bodenwellen, die das Motorrad aushebelten, so dass er unsanft neben der Maschine zu Fall kam. Er hatte starke Schmerzen und war sitzend nicht transportfähig. Zum Glück hatte Klaus eine Vakuummatraze dabei (wie allerlei andere nützliche medizinische Dinge), die dann auch zum Einsatz kommen musste. Wir wollten Thomas jetzt so schnell wie möglich zum nächsten Arzt oder Krankenhaus bringen. Leider war es jetzt nicht mehr so einfach eine Straße zu erreichen. Der nächste auf der Karte eingezeichnete Ort war Tiglit, das wir aber nie erreichen sollten, weil ein Bergkamm zwischen uns und dem Ort lag, den man mit dem KLW keinesfalls überwinden konnte (was wir aber zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten). Kurz vor Dämmerung in der besagten Bergregion 10km vor Tiglit schlitzte Klaus sich am LKW den rechten Vorderreifen auf und der linke verlor auch Luft. Das war das Ende bezüglich des Versuchs nach Tiglit zu kommen. Abends wurde erstmal der aufgeschlitzte Reifen durch einen Ersatzreifen getauscht und der linke vordere Reifen geflickt. Gut das 'Klaus MacGyver' nichts aus der Ruhe bringen kann, zumindest was seine Ideen angeht, fluchen ist erlaubt!
Es wurde beschlossen bei Sonnenaufgang zurück ins Tal zu fahren und zu versuchen nach Tan Tan zu kommen, das eine große Garnisonsstadt ist und sicherlich einen Arzt wenn nicht sogar ein Krankenhaus aufzuweisen hat. Luftlinie war es nur um die 80km entfernt, aber die Berge waren im Weg so dass wir einen Bogen nach Süden machen mussten. Nach 85km abwechslungsreicher und teilweise schwieriger Piste stießen wir kurz vor einem Ort auf eine Teerstraße, die in 70 km in das nördlich gelegene Tan Tan führen sollte. Ich glaube in diesem Moment sind die ersten dicken Steine von so manchem Herzen gefallen. Im Krankenhaus stellten die Ärzte letztendlich fest, dass sich Thomas 3 Rippen gebrochen hatte. Zum Glück war nichts schlimmeres passiert! Er wurde dann nach ein paar Tagen nach Agadir verlegt und flog eine Woche später nach Hause.

Wir wollten solange Thomas noch im Krankenhaus war in der Nähe bleiben um ihn zu versorgen. Die Krankenhäuser stellen dort nur das medizinische Wissen und die Untersuchungen zur Verfügung. Es gibt zwar Betten, aber die Versorgung des Erkrankten übernimmt üblicherweise die Familie. Auch Medikamente und sterile Kanülen müssen erst in der Apotheke gekauft werden.
So schlugen wir unser Lager 25km entfernt im ehemaligen Tan Tan Plage (jetzt: El Ouatia) am Strand auf und blieben dort solange, bis Thomas nach Agadir verlegt wurde. Der Ort wurde in den letzten Jahren zu einem modernen Hochseefischereihafen ausgebaut und Klaus erkannte ihn kaum wieder, denn als er vor 10 Jahren hier war gab es nur ein paar Fischerhäuser und ein heruntergekommenes Club-Hotel. Leider war dieser Küstenabschnitt sehr vermüllt und hat uns trotz campen auf einer Düne nicht so gut gefallen.

Die meisten von uns hatten keine Lust den Rest der Reise nur noch auf Asphalt zu fahren, so dass beschlossen wurde an der Küste entlang auf Pisten Richtung Nordosten zu fahren. Klaus war die Strecke schon auf seiner Reise vor 10 Jahren gefahren und wollte noch einen Platz wieder finden, der ihm damals sehr gut gefallen hatte.
Als wir losfuhren fehlten Bertl und Torsten. Wie sich herausstellen sollte, wollten sie 'Action-Fotos' am Stand machen. Einer fotografiert während der andere durch die auslaufende Brandung fahren wollte. Bei Übergabe der Kamera wurde Bertls Motorrad allerdings von einer Welle erfasst (die Flut kam gerade und eben war die Stelle noch trocken wo er es abgestellt hatte) und ins Meer gezogen, so dass diese Fotos nie zustande kamen... gemeinsam zogen sie die im wahrsten Sinnes des Wortes 'abgesoffene' Maschine wieder an Land und versuchten so schnell wie möglich das Salzwasser, das aus allen Öffnungen floss 'auszugießen'. Bei näherer Betrachtung war das Öl im Motor aber schon trüb was bedeutete, dass es schon mit Wasser vermischt war. Bertl war sehr wortkarg und tauschte sein Motorrad gegen Thomas Maschine. Abends wechselte er das Öl und spülte den Motor mit einem Diesel-Motoröl-Gemisch um letzte Reste des Wassers zu entfernen und letztendlich hat er sie sogar wieder zum laufen gebracht!
Die Strecke war sehr schlecht zu fahren. Weicher verspurter Sand löste sich ab mit felsigem Untergrund der dem LKW und Auto eine sehr niedrige Geschwindigkeit aufzwang. Die Steilküste ist etwa 80-100m hoch und an ihrem Rand wohnten vereinzelt Fischer in ihren Hütten, die aus allem möglichen Zeug zusammengebaut waren: Netze, Plastikplanen, Stoffe, Plastikkanister, was eben so zur Hand war. Die ehemals aus Stein und Lehm gebauten Hütten waren dagegen alle zerfallen.

Als wir wegen einer Flussmündung wieder ins Landesinnere fahren mussten kamen wir dem Platz, den Klaus suchen wollte langsam näher. Der Fluss sollte über einen kleinen Wasserfall mit zwei Terrassen in zwei Becken fließen, in denen man prima baden könne, so Klaus. Wir fuhren durch Sanddünen, ausgetrocknete Flußbetten, auf Wegen, die teilweise weggeschwemmt waren, dann wieder Schotterpisten bis wir den Platz tatsächlich fanden. Er war deutlich unspektakulärer als wir ihn uns vorgestellt hatten was nicht zuletzt an dem mickrigen Rinnsal lag, der weder einen Wasserfall bildete, geschweige denn zwei Becken in denen man Lust gehabt hätte zu baden...
Es wimmelte nur so von Kaulquappen und in der trüben grünen 'Badewanne' wohnte der ein oder andere Fisch. Als Rastplatz durchaus geeignet verbrachten wir die Nacht dort.

Klaus wollte auf keinen Fall weiterhin Piste fahren, denn die Reifen waren schon sehr mitgenommen und über felsigen Untergrund mit 10-20 h/km im LKW oder Auto macht es auch keinen Spaß. Bertl, Tom und Torsten beschlossen zu dritt auf der Piste weiter zu fahren und der Rest fuhr zur nahen Teerstraße und von dort aus zur Abwechslung mal wieder auf einen Campingplatz, wo wir uns alle wieder treffen wollten. Er wurde von Franzosen geführt und existierte schon als Klaus früher dort war, aber damals noch mit anderen Besitzern. Europäischer Standard, ein bisschen Disney-World-mäßige Gebäude und ein Restaurant mit europäischen Preisen, das wir aber trotzdem ausprobieren wollten. Naja, später in Marrakech haben wir günstiger und besser gegessen... Nachts waren freilaufende Esel unterwegs, die sich irgendwann vor irgendwas fürchterlich erschrocken haben müssen, denn sie veranstalteten ein mächtiges Spektakel... und Esel können fiese Töne von sich geben... Das könnt ihr mir glauben (auf der Hinfahrt in Zagora waren wir das letzte Mal auf einem Campingplatz und hatten in einer der Nächte auch eine interessante Geräuschkulisse: angefangen vom Neffar (so heisst der Muezzin in Marokko), über Kamele, Esel, Katzen, Hunde und Hähne immer abwechselnd und manchmal auch im Chor)!

Ab jetzt sollte unsere Rückfahrt nur noch über Asphalt verlaufen, nur um uns einen Schlafplatz zu suchen wollten wir nochmal in die Pampa. Kurz hinter Tiznit, ca.80km südlich von Agadir fuhren wir Richtung Atlantik und fanden einen wunderschönen Platz. Die Steilküste war aus Sandstein, in diesem Abschnitt sehr schroff und die Brandung überaus beeindruckend. Es gab eine Bucht mit Sandstrand, in der auch einige von uns gebadet haben. Wir blieben drei Nächte wobei die dritte wegen eines Sturms ein bisschen ungemütlich war. Zum Glück hatten wir beschlossen eine von Fischern ausgebaute Grotte, die noch nicht bezogen war und unterhalb unseres 'Campingplatzes' im oberen Abschnitt des steilen Abhangs lag, als Schlafplatz zu wählen. So wurden wir zwar nicht nass, aber von oben rieselte kontinuierlich, je nach Brandungsstärke mehr oder weniger Sand von der Decke auf uns herab. Angeblich haben wir, ohne es zu wissen, in einem Naturschutzgebiet gecampt, aber so 100%ig geklärt ist das noch nicht...

Weiter ging es an Agadir vorbei über den hohen Atlas Richtung Marrakech. Er ist auch in dieser Gegend wunderschön und auf jeden Fall sehenswert. Ockertöne wechseln sich laufend ab mit satten roten Erdfarben und im Hintergrund sieht man die hohen schneebedeckten Gipfel. Der einzige Wermutstropfen war die Temperatur... da es bis auf 1700m hoch ging, mag die Temperatur bei etwa 5°C gelegen haben. Dazu kam ein ziemlich kalter Nordwind. Wir waren froh, dass wenigstens die Sonne schien, denn wenn es geregnet hätte... nicht auszudenken. Ich glaube ich hatte alles an, was ich an warmen Klamotten dabei hatte! Das Michelin-Männchen war nichts dagegen... an Bewegung war nicht mehr zu denken. Egal, Hauptsache eine Weile nicht mehr frieren!
Eigentlich wollten wir nördlich des Atlas vor Marrakech noch mal übernachten, aber da alles Kulturland ist, konnten wir ohne größeren Aufwand keinen Schlafplatz auftreiben. Darum beschlossen wir bis zum Campingplatz durchzufahren. Am nächsten Tag wurde der LKW von innen sauber gemacht, Luftfilter und Reifen gewechselt und die Motorräder auf den Anhänger geladen.

Nachmittags fuhren wir dann nach Marrakech um unser Hotel zu beziehen, das Martin und ich die letzten 4 Tage bis zum Abflug nach Frankfurt bewohnen wollten. Zum Glück hatte Martin schon am ersten Tag in Marrakech darauf bestanden ein Hotel zu reservieren, denn es waren Ende November deutlich mehr Touristen dort, als noch 4 Wochen zuvor. Wir genossen die letzten warmen Tage sehr, haben uns noch die ehemals größte Koranschule des Maghreb mit kunstvollen Stuck und Kachel Ornamenten und ein paar andere Sehenswürdigkeiten angeschaut. Darunter war auch der El Badi Palast, der inzwischen nur noch aus Ruinen besteht und von beeindruckend vielen Störchenpaaren bewoht wird. In dem ehemaligen Sommerpavillon kann man eine der schönsten und wertvollsten Minbars (Kanzel in der Moschee) bewundern. Da die Ornamente und Einlegearbeiten so klein sind, dass man sie von dem offizellen 'Standpunkt' kaum erkennen kann, wir aber einen interessierten Eindruck machten, durften wir hinter die Absperrung und dieses Kunstwerk aus nächster Nähe betrachen! Wir fanden es hat sich gelohnt! Der Platz Djamaá-el-Fna ändert sein Gesicht je nach Tageszeit: Tagsüber sind Nuss- und Dattelverkäufer, Standbesitzer, die frisch gepressten Orangensaft verkaufen, Schlangenbeschwörer, Geschichtenerzähler, Frauen, die Hennabemalungen hauptsächlich der Hände und Füße anboten, Wasserverkäufer (rotes Gewand, mit Ziegenhaut voll Wasser und Messingschalen zum trinken) und Gaukler. Kurz bevor die Sonne untergeht werden die Garküchen aufgebaut und kurz darauf verschwindet der ganze Platz in Rauchschwaden. Wir haben alles was wir dort oder anderswo gegessen haben immer gut vertragen, sogar Salat haben wir uns getraut zu essen.

Das war jetzt ein kleiner Überblick über unsere Reise. Wir sind auf jeden Fall gut erholt an Leib und Seele wiedergekommen und freuen uns schon auf unseren nächsten Urlaub!

In diesem Sinne:
Sah´ha! (Gesundheit)

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