04.11. 2016
Mich hat eine Turbo-Erkältung überfallen, vom ersten Halsweh über
schmerzhaften Husten bis zur Explosion des Rüssels in 24 Stunden. Das
ganze scheint nun aber auch genau so schnell zu verschwinden.
Am späten Vormittag haben wir uns von Narlai verabschiedet und unsere
Fahrt nach Süden fortgesetzt. In den Dörfern und an den Straßen lag
nach wie vor extrem viel Müll, viel mehr als uns in anderen Gegenden
Indiens aufgefallen ist. Zeichen eines zarten Wohlstandes? Nehmen wir
ein
kleines Dorf wie Narlai, 7000 Einwohner, einfache Menschen, Bauern,
aber ein Luxushotel als Arbeitgeber und Touristenmagnet. Wenn sich nur
jeder zweite Einwohner eine einzige Flasche schönes Pepsi- oder Coca
Cola-Wasser pro Tag leisten kann, wir verbrauchen jeder 3-4 am Tag,
macht das pro Jahr 1,28 Millionen Flaschen - und das ohne jegliches
funktionierendes Entsorgungssystem. Rechne ich einmal so für ganz
Indien komme ich pro Jahr, legt man die Flaschen hintereinander, auf
eine schwindelerregende Strecke von unfassbaren 85 Millionen
Kilometern. Das bedeutet in zwei Jahren wird die Distanz von der Erde
zur Sonne mit Plastikflaschen überbrückt. Die Erdbevölkerung schafft
das nach dieser Rechnung in weniger als einem halben Jahr.
In Ranakpur stoppten wir und damit auch der Gang meiner tristen
Gedanken. Ziel des Halts war der wunderschöne Jain Tempel aus dem 14.
Jahrhundert, der uns alle begeisterte. Die Atmosphäre war ruhig, noch
nicht einmal auf dem Parkplatz sprachen uns Händler an, der Tempel war
wie bei Jain üblich blitzblank und es machte Spaß barfuß über den im
Lauf der Jahrhunderte blankpolierten Stein zu laufen. Etwas gruselig
mutete der Bienenstock am Tempel an, denn in der
Kurzgeschichtensammlung "Hotel Calcutta", die ich gerade lese, gibt es
eine Erzählung, in der Tempel und Bienen eine ungute Rolle spielen.
Bengalen, und der Author ist ein solcher, lieben Geister- und
Gruselgeschichten.
Am Tempel begann auch das Gebirge, wir fuhren aus dem heißen, sandigen
Teil Rajasthans in den grünen, fruchtbaren zurück. Schlagartig änderte
sich natürlich auch die Vegetation, es wurde wieder Baumwolle angebaut
und mit Büffeln betriebene Hebewerke förderten Wasser über kleine
Kanäle auf die Felder. Auch verschwand ebenso plötzlich der Müll, alles
wirkte aufgeräumter und sauberer.
Zum Mittagessen hielt Navid am...festhalten..."Casa Manolo", dem vermutlich
einzigen
Lokal Rajasthans ohne Masala-Chai (Gewürztee). Überhaupt hatte es der
indische Manolo nicht so mit Gewürzen, geschmacklich war die Mahlzeit
doch eher eine Nullnummer. Ihr werdet ja schon festgestellt haben, dass
ich entgegen unserer Interessen kaum über das Essen schreibe - es gibt
einfach nicht viel zu schreiben.
Die Speisen in den Hotels sind in Ordnung aber meist sehr europäisch, vor
allem das Frühstück
besteht manchmal nur aus Eiern mit Speck, Bircher Müsli und süßen Stücklen
(schwäbisch) bzw. Teilchen (westfälisch). Insgesamt fehlt die Schärfe
und, um dem europäischen und nordamerikanischen Gaumen vermeindlich
entgegenzukommen, die Gewürze. Bei manchen, und da möchte ich Manolo
nicht ausschließen, würde ich sogar soweit gehen zu behaupten, dass die
Abwesenheit von Gewürzen die Gewinnoptmierung steigert, denn die
Gewürze sind bei vegetarischen Mahlzeiten das Teuerste.
Gegen 16Uhr kamen wir dann in Udaipur an, der Stadt der Seen. Vororte
und Innenstadt erschienen uns sehr sauber zu sein und bilden einen
erfeulichen Kontrast zu den bisher besuchten Städten. Unser Hotel Lalit
Laxmi Vilas Palace, ebenfalls ein historisches Gebäude, thront
majestätisch über dem Sagar-See und unsere Zimmer bieten eine
spektakuläre Aussicht. Spektakulär sind aber auch die Preise für dies
und
das, hier ist endgültig jeder Realitätssinn abhanden gekommen und für
drei Plastikflaschen Wasser zum Abendessen wurden uns über 1000 Rupies
abgeknöpft.
Erstmalig auf der Reise muss sogar der Internetzugang extra bezahlt
werden, satte 200 Rupies plus Steuer für 30min. Daher wird die
Veröffentlichung des Blogs heute leider pausieren. Es geht nicht um die
paar Euro. Es geht darum, dass der Gast hier nicht wie ein Gast
behandelt sondern absolut respektlos auf den Goldesel reduziert wird.