18.10. 2016
Heute war Shopping Tag, außerdem haben wir uns mit Theresa getroffen.
Aber zunächst muss ich Euch noch von den Kaminskis erzählen, die im
Flugzeug von Frankfurt nach Delhi um uns herum gesessen haben. Ob
Kaminski der richtige Name ist lassen wir mal außen vor, es spielt auch
keine Rolle. Familie Kaminski stammt aus Polen, lebt nun aber in
Deutschland. Tochter Kaminski ist vermutlich in Deutschland geboren
oder als junges Mädchen zugezogen, sie ist mit einem lebhaften Mann aus
- natürlich Indien leiert, die beiden haben einen zweijährigen Sohn und
reisen das erste Mal in die Ferne zu seiner Familie. Auch Frau und Herr
Kaminski senior sind dabei. Familie Kaminski hat augenscheinlich keine
Flugerfahrung, versucht mit der Steuerung des Bordentertainments den
großen Bildschirm ganz vorne im Flugzeug zu kontrollieren, weiß nicht
wann es etwas zu essen gibt. Aber Frau Kaminski und ihre Tochter freuen
sich offensichtlich auf die Abenteuer in der Fremde und die Familie des
Mannes bzw. des Schwiegersohns. Herrn Kaminski ist das alles zu viel
und er möchte nur noch eins - seine Ruhe.
Herr Kaminski kann sich nicht für ein Essen entscheiden, nur "Fleisch"
wünscht er sich. Trinken will er nichts, schlürft dann aber brav die
zwei Whiskey-Cola, die ihm sein Schwiegersohn organisiert, der mit
jedem Flugkilometer, den er sich Indien nähert, lebhafter und
aufgeregter wird. Als das Essen dann kommt beißt Herr Kaminski, der
neben mir sitzt, herzhaft in die Chili im Salat, bekommt einen
Hustenanfall und leidet bitterlich, was seine Frau nur kopfschütteln
und mit Spott kommentiert. Das Einreiseformular gibt Herr Kaminski mit
einem Ausdruck des völligen Unverständnisses an seine Tochter und
vertieft sich anschließend in mein Billard-Spiel, dem ich im
Entertainment-System des Dreamliners immer gerne nachgehe. Wenn ich
seiner Meinung nach korrekt gezielt habe nickt er mir anfeuernd zu,
versenken wir einen Ball freut er sich.
Um ehrlich zu sein habe ich es sehr bedauert Familie Kaminski in Delhi
ihres Weges gehen zu lassen - wie sehr hätte ich Lust gehabt dieses
Familienzusammentreffen und alle anderen Erfahrungen mit einer Kamera
zu begleiten und weiter darüber zu schreiben!
Nun aber zum heutigen Dienstag. Begonnen haben wir bei Big Bazaar, in
dem in diesem Jahr statt der
krächzigen Weihnachtsmusik aus dem Amerika der 50er Jahre ein rockiger
Hindipop-Song lief. Einer. Also immer wieder der eine. Und am Ende ein
Jingle mit der famosen Erkenntnis "Big Bazaar - making India
beautiful". Ich habe den Song mit dem Smartphone gestoppt, er ist ca.
2min lang. Das heißt ein Angestellter hört den Song in einer
10-Stunden-Schicht 300 Mal, 1800 Mal in der Woche und 6600 Mal im
Monat. Ich sollte mich nicht beschweren.
Überhaupt war das meine Erkenntnis des Tages, wie sich doch die Zeiten
ändern. Vorbei der Anblick des Mannes vor der Umkleidekabine, der die
Handtasche und Einkäufe seiner Angebeteten hält, mit verlorenem Blick
ins Leere starrt und an Fußball oder Proschinski das Schwein aus der
Buchhaltung denkt, wie ihn Axel Hacke vor etwa 20 Jahren so schön
beschrieben hat. Heute gibt es Smartphones und damit ist ER
beschäftigt, blickt nur kurz auf wenn SIE mit entweder enttäuschtem
Blick oder strahlend aus der Umkleidekabine tritt und nickt nur kurz
bedauernd oder zustimmend. Ein echter Fortschritt!
Zweite Station war das Emporium, das allerdings gerade renoviert wird
und nur in kleinem Umfang zur Verfügung steht, dann kauften wir schnell
noch zwei Batterien, die wir für das Blutzuckermessgerät mitbringen
sollten und vergessen haben. Gibt es natürlich in Kolkata, wenn auch
nicht in der Altstadt sondern im Fotoladen an der Esplanade. Nur "noch
schnell" geht in Incredible India eben nicht, rein, zwei Batterien, ja
oben, kosten 300 Rupies (4€), alles klar und...wir müssen eine Rechnung
schreiben. Wie lautet Ihr Name, da hinschreiben bitte. Und die
Telefonnummer, unter der wir sie in Indien erreichen können. Und noch
ein Stempel und und und. Schon aus diesem Grund befinden sich in jedem
Geschäft mehr Angestellte als Kunden.
Um 14Uhr trafen wir uns mit Theresa im Flurys zum "Tee-Klatsch" und
genossen die Zeit mit ihr wie immer sehr. Als Höhepunkt kamen noch zwei
ehemalige Straßenkinder ihrer Rainbow-Group an den Tisch, jetzt junge
Damen und mit Anstellung im Flurys, einem der besten Cafés in Kolkata.
Wie schön die Früchte der Arbeit so leibhaftig vor sich zu sehen!
Ganz liebe Grüße von uns Dreien an Alex!!
Nach der Verabschiedung folgte der Oxford Bookstore, der Kauf
Indien-Untergrund-geeignete Schuhe an der Esplanade, eine Stipvisite im
Enfield-Laden und ein etwas nerviger Rückweg an New Market vorbei. Nach
insgesamt 7h Shopping wurde uns nun im Hotel ein verdientes Kingfisher
zuteil und wir freuen uns auf ein Abendessen im Zaranj gleich um die
Ecke, nachdem wir gestern zum Einstieg natürlich das Tung Fong gewählt
und genossen haben.