Georgien 2025 Travelogue

18. September - Zum Mqinwarzweri/Kasbek an der Grenze zu Nordossetien

Nach dem herzlichen Abschied vom Guesthouse Alvani, inklusive Kochbuch mit Widmung, fuhren wir nach Westen und bogen dann nach Norden in das Tal der/des Aragvi ein, Flüsse haben im Georgischen keinen Artikel. Die erste Sehenswürdigkeit war nach dem beschaulichen Pankisi-Tal ein Schock, ein internationaler Touristen-Tsunami ergoss sich über die Wehrkirche Ananuri, überflutete jede Barriere und spülte Anstand, Sitte und Respekt fort. Schön ist die Wehrkirche natürlich trotzdem und wir sind nun mal nicht die einzigen Besucher in diesem Land, aber es geht auch mit weniger Hupen und Drängeln.

Ananuri

Anschließend passierten wir den Zusammenfluss der/des Weißen und Schwarzen Aragvi und folgten weiterhin der/dem Weißen flussaufwärts nach Norden. In Gudauri, einem wenig ansprechenden, austauschbaren und ziemlich teuren Skiort, legten wir eine Pause für Kaffee und Backerzeugnisse ein, die Gegend war schon zunehmend internationaler bevölkert und viele Autos und Lastwagen mit russischen, kasachischen, weißrussischen und armenischen Kennzeichen befuhren die Bergstraßen. Aus den Bergen wurden große Schafherden in die Ebenen getrieben, nach den ersten Lastwagen mit Trauben in der Ebene ein klares Indiz für den Herbst und kommenden Winter.

Wir hielten dann an einer Aussichtsplattform aus der Sowiet-Zeit, die die Freundschaft zwischen den Ländern von 1783 bis 1983 feiern sollte, künstlerisch ganz hübsch gemacht, nur mit der Freundschaft war es eigentlich nie weit her. Heute genießen Besucher aus aller Herren Länder die fantastische Aussicht, posieren für einige Minuten trotz der frischen Witterung in stark reduzierter Kleidung für anmutige Fotos und Selfies, oder greifen auf die professionellen Drohnen-Foto-Anbieter zurück.

Sowietische Aussichtsplattform

Anschließend sahen wir uns auf dem Kreuzpass um, so benannt aufgrund eines großen Holzkreuzes, das Katharina die Große aufstellen ließ, das allerdings etwas weiter von der heutigen Straße entfernt steht. Interessanter fand ich persönlich die Gedenkstätte für die beim Bau der Straßen und Gallerien umgekommenen deutschen Kriegsgefangenen des 2. Weltkriegs.

Kreuzpass

Bei der Abfahrt vom Parkplatz sahen wir unseren ersten Tesla Cybertruck, mit armenischem Kennzeichen, irgendwie symbolisch für die wenigen mit sehr viel Geld, die es in jedem Land gibt. Die Optik ist martialisch, das Gefährt aber kleiner, als ich es mir vorgestellt habe, für mich eine Lösung, die ihr Problem sucht, ein Spielzeug für die, die alles haben, trotzdem vieles vermissen und das Wesentliche nie haben werden.

Am Fuße des Jvari Pass besuchten wir Sinterterrasen, die sich aufgrund des mineralhaltigen Wasser auf einer Breite von etwa 20m bilden, auch hier überquerten die Touristen jede Absperrung, um für ein Foto auf dem "Natural Monument" herumzutrampeln, eine echte Seuche. Danach passierten wir Stepantsminda und fuhren bis zur Grenze nach Nordossentien, also Russland, an der sich die LKW stauen und auf die Abfertigung hoffen. In Sichtweite des Georgischen Grenzpostens wurde vor einigen Jahren auf Wunsch des Oberhauptes der Georgisch Orthodoxen Kirche nahe seines Heimatortes ein Kloster errichtet, sozusagen der letzte Außenposten des wahren Glaubens. Die Anlage ist großzügig und beherbergt ein Frauen- und Männerkloster, außerdem natürlich eine sehr schön und modern gestaltete Kirche. Ich denke, auch zeitgenössische Bauwerke sind einen Besuch wert, irgendwann war alles einmal "neu", und vielleicht sehen sich dieses Bauwerk die Touristen im Jahr 3025 einmal andächtig und staunend an, wer weiß.

Auf dem Rückweg nach Stepantsminda stand noch ein kleiner Spaziergang zum Bergdorf Tsdo auf dem Programm. Das Dorf ist "uralt", wird noch oder wieder von drei Familien bewohnt, viele Häuser sind Ruinen, neue entstehen, der Lauf der Dinge. Mindestens genau so interessant wie das Dorf war der zugehörige, etwas außerhalb gelegene Friedhof, auf der Rückseite der aufwändig gestalteten Grabsteine wird oft in Bildern etwas über die verstorbene Person erzählt.

Tsdo Friedhof

Gegen 18Uhr trafen wir in unserem Hotel Geni ein, oberhalb von Stepantsminda gelegen und mit fantastischem Blick auf die Stadt, das Gergeti Kloster und den Mqinwarzweri, besser bekannt unter seinem russischen Namen Kasbek, mit 5054m der dritthöchste Berg Georgiens und je nach Quelle der siebt- oder achthöchste Berg des Kaukasus. Interessanter als schneller-höher-weiter-Fakten ist allerdings die Mythologie:

"Der Kasbek soll jener Berg der griechischen Mythologie sein, an den Prometheus gekettet wurde, weil er den Göttern das Feuer entwendete und unerlaubt den Menschen gab. Nach dem Mythos riss ihm dort ein Adler täglich ein Stück der immer wieder nachwachsenden Leber aus dem Leib, bis er von Herakles befreit wurde."
[https://de.wikipedia.org/wiki/Kasbek]

Erheben wir also unser Glas nach bester Georgischer Tradition auf Prometheus und danken ihm für das Feuer, auf dem im Hotel Geni so leckere Gerichte wie Krautwickel mit Hackfleisch-Reis-Füllung und Kartoffel-Pfanne mit Huhn zubereitet werden. Gaumajos!

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