Georgien 2025 Travelogue

8. September - Kreuzkirchen, Klöster, Quevri

Beim Frühstück waren wir nun also komplett, zumindest fast, denn Mikes Koffer fehlte leider auf dem Gepäckband. Trotzdem starteten wir pünktlich um 9:30Uhr, nachdem uns unsere Reiseleiterin Sopo begrüßt hatte. Sopo spricht ein ausgezeichnetes Deutsch und, auch das stand schnell fest, ist ein wandelndes Lexikon, und mit absoluter Sicherheit werden die kommenden 14 Tage mit ihr ausgesprochen lehrreich und angenehm!

Auch unser Fahrer, nun mit Namen "Arsena", war natürlich zur Stelle, allerdings mit einem recht neuen Mercedes-Bus, der nicht, wie gestern behauptet, seine 400.000km mit uns feiern wird. Ruhig, gleichmäßig und routiniert fuhr er uns durch Tiflis und weiter nach Norden zur Kreuzkirche Dschwari (Schreibweisen sind aufgrund der Transliteration wie immer Schall und Rauch), die im 6. Jahrhundert erbaut wurde. Details könnt Ihr bei Wikipedia oder anderswo nachlesen, ich gebe auch ehrlich zu, dass ich weder mitgeschrieben habe, noch mir alles merken konnte, was uns an Informationen zuteil wurde, zumal das "Herunterbeten" aller Inhalte gefühlt die Zeitdauer eines orthodoxen Gottesdienstes benötgen würde, etwa drei Stunden!

Nächstes Ziel war die Swetizchoweli Kathedrale in der ehemaligen Hauptstadt Mzcheta an der Kreuzung von Heer- und Seidenstraße, dem Ausgangspunkt der Christianisierung Georgiens. Die Anlage ist recht groß und wunderschön, besonders fasziniert haben mich die vielen symbolischen Steinmetzarbeiten an den Fassaden. Kurzzeitig hatte ich die Idee, die Rätsel wie Indiana Jones und sein Vater lösen und anschließend in der Kirche die richtige Kombination von Bodenplatten drücken zu können.

Für einen kleinen Eindruck der Atmosphäre hier zwei Glockenschläge des 12Uhr Geläuts:



Etwas weiter im Norden erwartete uns dann auf dem Familienweingut Napheri eine ganz besondere Mittagspause: Winzer Levan präsentierte uns die Herstellung seiner Weine nach alter georgischer Art, der Fermentation in im Boden eingelassenen Tonamphoren, sogenannten Quevri. Natürlich durften wir anschließend vier Weine verkosten, darunter ein "Orange Wein", und es gab wunderbaren Käse, Salat, Auberginen mit Walnusspaste, Datteln, Rosinen und Fladenbrot.

Gut gestärkt setzen wir unseren Weg fort und fuhren westwärts nach Gori, der Heimatstadt von Sopo, die Russland 2008 angegriffen hat, um eine Einheit Süd-Ossetiens mit Nord-Ossetien herzustellen. Bereits vor 17 Jahren war also eigentlich klar, was vom "lupenreinen Demokraten" im Kreml zu halten und erwarten ist. Aufgrund dieses Erfahrungshorizonts fiel unser Besuch beim Stalin-Museum, bei dem das Geburtshaus dieses Menschen steht, recht kurz aus, und wir besuchten lediglich den gepanzerten Waggon, in dem Stalin unter anderem nach Jalta reiste, der aber vorher in den Diensten der letzten Zarenfamilie stand, und somit auch außerhalb irgendwelcher Personenkulte einfach sehr geschichtsträchtig und sehenswert ist.

Gori Stalin Waggon

Letzte Sehenswürdigkeit für heute, und für mich der Höhepunkt, war dann die Kreuzkirche Atenis Sioni aus dem 8. Jahrhundert, eine "Kopie" der Kreuzkirche Dschwari. Die Darstellungen des Marienlebens aus dem 12. Jahrhundert sind in keinem guten Zustand mehr, aber sie lassen erahnen, wie farbenprächtig sie einmal gewesen sein müssen. Die Kirche liegt in einem Seitental südlich von Gori, die Landschaft hatte sich völlig verändert, außer uns waren nur wenige Besucher dort, nach dem Trubel in Dschwari und Swetizchoweli eine echte Wohltat. Zwei Hunde begrüßten uns, die Schatten fielen bereits länger auf die Felsen, die Atmosphäre war friedlich und feierlich.

Nach nur 10 Gehminuten durch die herrliche Landschaft erreichten wir unsere Bleibe für die kommenden zwei Nächte, das Weingut Marani des ehemaligen Kulturministers Nika Vacheishvili. Es verfügt über eine handvoll Zimmer und liegt malerisch unterhalb der Terrassen, auf denen der Wein angebaut wird.

Wir saßen unter einer Pergola im Freien und tranken drei Weine des Hauses und zwei Tschatscha, Tresterbrände mit Pfirsich und Holunderblüten, und speisten vorzüglich. Zu den uns bekannten Köstlichkeiten gesellten sich noch ein Brot mit Krautfüllung, Paprika mit Walnusspaste, andere Käsesorten, Tomatensalat mit Nektarinen, Schaschlik, Bohnen- und Karottensalat, eingelegte rote Beete mit Koreander, Pflaume und Granatapfelsaft sowie schließlich Obst zum Nachtisch.

Abendessen Marani

Nikas Frau betreute uns, der Vater grillte die Schaschlik und spielte mit Arsena Backgammon, der Kunsthistoriker und Ex-Minister Nika schaute auch noch vorbei und unterhielt sich mit uns auf Deutsch, und auch der große Hund, der uns schon vor der Kruezkirche begrüßt hatte, war wieder zugegen, da er zum Weingut gehört.

Weingut Marani

Mit Sopo, die wir erst 12 Stunden kennen, unterhielten wir uns über die wichtigen Dinge des Lebens, wie Krieg und Frieden, immer wieder unterbrochen von positiven Trinksprüchen, die wir reihum ausbrachten, gefolgt von einem kräftigen "gaumajos" (zum Wohl).

Was für ein schöner georgischer Abend!


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